„Sie haben aber einen tollen Job“, staunt das Ehepaar, das ich am idyllischen Rastplatz in Oberroth treffe. Ja, an diesem herrlichen Sommertag genieße ich meine Arbeit als Tourismusbeauftragte in vollen Zügen. Endlich einmal schaffe ich es, die 48 Kilometer lange Römerkastell-Runde abzufahren, die wir als eine von insgesamt sechs Themenrouten im Landkreis Neu-Ulm entwickelt und ausgeschildert haben. Mit meinem E-Bike, der Radkarte „Rauf aufs Rad“ und einer großen Wasserflasche ausgestattet, steige ich morgens am Neu-Ulmer Bahnhof in die Regionalbahn Richtung Memmingen ein. Dank Aufzug und barrierefreiem Einstieg sowie dem Handy-Ticket von DING fängt mein Ausflug schon mal ganz entspannt an.
Die Regionalbahn fährt stündlich und nimmt werktags ab 08.30 Uhr und am Wochenende kostenlos die Räder mit. Entlang der Strecke sind überall Ein- und Ausstiege möglich, so dass Radausflügler ihre Tour flexibel gestalten können.
Ich nutze das und steige schon in Altenstadt aus. Der Iller-Radweg führt mich durch einen schattigen Auwald direkt nach Kellmünz. Dort stand auf dem Plateau des Illerhochufers einst das römische Kastell „Caelius Mons“ und ist damit Namensgeber dieser Tour. Es gehörte mit seinen massigen Festungsmauern zu den größten Grenzkastellen spätrömischer Zeit. Rund 300 Mann waren hier um 300 nach Christus stationiert.
Im Museumsturm, der am Wochenende 10 bis 17 Uhr geöffnet ist, werden Grabungsfunde sowie ein Film gezeigt, der die Ausmaße der Befestigungsanlage vor Augen führt. Bei einem Rundgang durch den Archäologischen Park und durch den Markt Kellmünz erschließen sich ebenfalls die Dimensionen der Anlage.
Weiter geht es, der Ausschilderung Richtung Dorfladen Kellmünz folgend, wo ich schon mal die erste Kaffeepause einlegen und meinen Akku aufladen könnte. Aber ich bin ja noch ganz am Anfang und radle weiter auf dem Verbindungsweg nach Weiler durch ein wunderschönes Waldstück, das auf einer Lichtung endet. In Weiler, das zur Gemeinde Osterberg gehört, komme ich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Von der Anhöhe ergibt sich ein toller Blick auf das Tal der Roth. Ja, hier war ich noch nie, aber das Dorf ist ein echter Geheimtipp!
Ein besonderer Radel-Genuss erwartet mich auf der asphaltierten und schnurgeraden ehemaligen Bahntrasse zwischen Weiler und Winterrieden, das schon im Nachbarlandkreis Unterallgäu liegt. Sie war von 1884 bis 1996 Teil der Bahnlinie Kellmünz-Babenhausen. In Winterrieden erinnern eine alte Gleisanlage sowie das Bahnwärterhäuschen an die Eisenbahn-Romantik vergangener Zeiten. So schade es um die Bahn ist, als Radfahrerin kann ich über solche Strecken nur jubeln.
Locker gelange ich so ins Tal der Günz und zum Fuggerschloss Babenhausen. Achtung: In Höhe des Turms der Schlosskirche zweigt der Weg nach links ab in ein Seitengässchen mit Geschäften. Dies ist die einzige Stelle, an der die Ausschilderung sehr schlecht zu erkennen ist.
Kurz vor Unterschönegg weist mich die Beschilderung auf eine Steigung von 14 Prozent hin. Wie dankbar bin ich für mein E-Bike, das mir gerade hier gute Dienste leistet. Aber warum heißt das Dorf Unterschönegg, wenn es nur bergauf geht?
Oben angekommen, geht es drei Kilometer durch einen dichten Nadelwald. Ein bisschen unheimlich ist mir schon, denn hier begegnet mir keine Menschenseele. Für ängstliche Gemüter bietet sich als Alternative in diesem Fall die direkte Straßenverbindung nach Oberroth an.
Aus dem Wald heraus komme ich schon wieder auf eine weite Ebene mit üppigen Getreidefeldern. In der Mitte sorgt ein steinernes Wegkreuz, umrahmt von zwei Bäumen, für einen Kontrapunkt. Im Schuss rase weiter hinab ins beschauliche Tal der Roth, meinem dritten Flusstal heute. Und in Oberroth begegne ich einem Rentner-Ehepaar aus Ehingen im Alb-Donau-Kreis, das mit seinem E-Bikes eine 80 Kilometer Runde durch das Roth- und das Bibertal im Landkreis Neu-Ulm geplant hat. Und einfach begeistert ist von der herrlichen Natur, dem traumhaften Wetter und der perfekten Ausschilderung der Radwege bei uns.
Zur Mittagszeit gönne ich mir einen kleinen Abstecher nach Buch – Obenhausen, wo das Café am Schloss mit einer herrlich fluffigen Kalorienbombe in Form eines Himbeer-Schoko-Kuchens auf mich wartet. Ja, das habe ich verdient. Die vier Kilometer Umweg insgesamt sind dafür ein Katzensprung. Auf der Rückfahrt werfe ich einen Blick über den Zaun der weitläufigen Lama- und Alpaka-Farm „Huaca“ in Buch. Ich lerne, dass die braunen Tiere die Lamas und die weißen die Alpakas sind. Einträchtig grasen die Tiere ruhig auf den Weiden und lassen sich auch von neugierigen Kindern nicht aus dem Konzept bringen.
Nach so viel Natur fahre ich in die quirlige Vöhlinstadt Illertissen. Auch hier hätte ich noch viele Möglichkeiten, angefangen von der Besichtigung des Bayerischen Bienenmuseums bis hin zu einem Abstecher zum Museum der Gartenkultur. Aber ich bin satt von meinen Eindrücken und beschließe spontan, hier meine Fahrt zu beenden. Und siehe da, kaum rolle ich mit dem Fahrrad am Bahnhof ein, kommt schon der Zug. Welch ein perfekter Tag heute. Und ja, an Tagen wie diesem ist meine Tätigkeit im Tourismus tatsächlich ein Traumjob.
Kleiner Tipp zum Schluss: An heißen Sommertagen Badesachen nicht vergessen. Die Badeseen in Altenstadt-Filzingen und in Kellmünz liegen an der Strecke.