Pilgern auf dem Bayerisch-Schwäbischen Jakobsweg

von Gastbeitrag

Ein Gastbeitrag von Daniela Trauthwein.

Pilgern ohne Gepäck ist eine feine Sache. Bisher habe ich immer einen riesigen Rucksack mit mir herumgeschleppt, wenn ich mich auf einen deutschen Jakobsweg begeben habe. Für meine dreitägige Wanderung auf dem Bayerisch-Schwäbischen Jakobsweg darf ich mich entspannt mit meinem Tagesrucksack auf den Weg machen, um eine mir noch völlig unbekannte Region zu bewandern. Mein Reisegepäck wird in der Zwischenzeit von den hiesigen Taxiunternehmen Graf und Chilla täglich zur nächsten Unterkunft gebracht.

Im Vorfeld habe ich mich ein wenig mit der Region Donau-Ries befasst und Erstaunliches erfahren. Ein Meteorit hat hier eingeschlagen, vor etwa 14,5 Millionen Jahren? Wow, das ist ja unglaublich! Meine erste Nacht verbringe ich im Gästehaus Gretl, dessen Inhaberin Christine Taglieber mich freundlicherweise vom Bahnhof Nördlingen abholt. „Hast du Lust auf einen Abstecher zum Kraterrand?“ fragt sie mich auf der Fahrt nach Oettingen. Und ob ich Lust habe! Wir fahren zum Sportplatz in Hainsfarth. Nach wenigen Metern Fußmarsch stehen wir vor einer Art Steinbruch. „Du stehst hier am Ostrand des sogenannten Rieskraters, der durch den Meteoriteneinschlag entstanden ist“, erklärt mir Christine. Ich schaue mir das Gestein etwas genauer an und bin erstaunt über die außergewöhnliche Struktur, die versteinerten Seifenblasen ähnelt. Eine Informationstafel klärt mich über die Entstehung des Rieskraters auf und meine Vorfreude auf die folgenden Wandertage steigt.

Kraterrand am Sportplatz Hainsfarth

Dies ist der Kraterrand am Sportplatz Hainsfarth, den ich am ersten Tag meiner Reise gesehen habe.

Stadtspaziergang durch Oettingen

Gegen Abend spaziere ich durch Oettingen und entdecke unzählige Storchennester auf den Hausdächern. Das habe ich ja noch nie gesehen! So viele Störche überall. Fasziniert beobachte ich, wie sie elegant in ihren Nestern stehen. Ab und zu höre ich das Klappern ihrer langen Schnäbel. Nach wenigen Gehminuten stehe ich vor dem imposanten Residenzschloss. Auf einem Spazierweg schlendere ich durch den fürstlichen Hofgarten um das Schloss herum. Es macht mir immer große Freude eine Stadt zu Fuß zu erkunden.

Residenzschloss Oettingen
Residenzschloss
Storchennest Oettingen
Über den Dächern von Oettingen

Wie ich so die Nördlinger Straße entlang laufe, fällt mir am Marktplatz eine architektonische Besonderheit auf: Auf der einen Straßenseite stehen Fachwerkhäuser, auf der anderen Seite stehen Häuser mit barocker Fassade – ein Zeugnis der ehemals konfessionellen Teilung, wie ich später nachrecherchiere. Überhaupt gefällt mir die Altstadt ausgesprochen gut. Zum Abschluss meines Stadtspaziergangs kehre ich in der Weinstube am Königstor ein und genieße ein leckeres Abendessen.

 

Andacht in der Pfarrkirche St. Jakob

Früh am Morgen mache ich mich bei strömendem Regen auf den Weg nach Wemding und somit auf die erste Etappe des Bayerisch-Schwäbischen Jakobswegs. Zur Einstimmung auf meine dreitägige Pilgerschaft betrete ich die evangelische Pfarrkirche St. Jakob. Aus meinem Wanderführer erfahre ich ein paar Einzelheiten zum barocken Kirchenraum und Taufstein, der mittig im Raum steht. Dargestellt ist die bekannte Taufszene mit Johannes dem Täufer und Jesus, in einer riesigen Jakobsmuschel knieend. Die Muschelsymbolik wird mich auf meinem Weg begleiten, denn der Pilgerweg ist mit einer gelben Jakobsmuschel markiert.

Markierung des Jakobswegs

Markierung des Jakobswegs

 

Erste Etappe des Bayerisch-Schwäbischen Jakobswegs

Vor der Pfarrkirche sehe ich die Pilgerstatue, an der meine Wanderung beginnt. Etwa 20 Kilometer liegen vor mir auf überwiegend ebener Strecke. Die Etappe verläuft von Oettingen über Megesheim, Trendel, Polsingen und Amerbach nach Wemding. Da ich im Gasthaus & Pension Zur Wallfahrt übernachten werde, endet mein heutiger Weg bereits an der Wallfahrtskirche Maria Brünnlein. Anfangs nervt mich der Regen noch, doch nach der ersten Wanderstunde ist mir ziemlich alles wurscht. Mein Fokus reduziert sich auf die Natur um mich herum und ich freue mich über jede Kleinigkeit, die ich am Wegesrand entdecke. Sogar wilde Orchideen finde ich etwas versteckt am Waldrand.

Blumenvielfalt am Pilgerweg

Blumenvielfalt am Pilgerweg

Bis nach Megesheim verläuft die Strecke an der Landstraße entlang. Schritt für Schritt lasse ich den Alltag hinter mir und lasse mich mehr und mehr auf den Weg ein. Am Aussichtspunkt Riesblick bei Trendel gönne ich mir eine kurze Rast und bewundere die weite Aussicht auf den Rieskrater, die sich mir trotz Regenwolken bietet. Regenschauer ziehen vorüber kommen und gehen. Gut gelaunt wandere ich an Maisfeldern vorbei und gelegentlich auch am Waldrand entlang. Kurze Abschnitte durch den Wald genieße ich besonders, da die Luft im Regen einfach lecker riecht. In Amerbach finde ich ein kleines Café, in dem ich mich kurz ausruhen kann.

Riesblick bei Trendel.

Riesblick bei Trendel

 

Ankunft an der Wallfahrtskirche Maria Brünnlein

Zum späteren Nachmittag hin reißt die Wolkendecke auf und lässt sommerliche Wärme durch. In der Ferne kann ich schon die Turmspitze der Wallfahrtskirche Maria Brünnlein erkennen. Beschwingt bringe ich die letzten Kilometer hinter mich und gelange an ein Damwildgehege. Meine Ankunft wird argwöhnisch von den Tieren beobachtet. Eine Weile schaue ich ihnen beim Fressen zu, bis ich schließlich die letzten Meter zu meiner Unterkunft zurücklege.

Damwild vor Kirche

Friedlich fressendes Damwild auf dem Weg zur Wallfahrtskirche.

Bevor ich mich zum Abendessen ins Restaurant setze, möchte ich mir erst noch die Kirche anschauen. In den Endneunzigern wurde die Wallfahrtskirche Maria Brünnlein zur Päpstlichen Basilika erhoben. Sie ist eine der bedeutungsvollsten Wallfahrtskirchen Bayerns. Im Innern erwartet mich eine Pracht, die mir den Atem verschlägt. Wie ich so im Kirchenraum herumschlendere, nehme ich ein leises Plätschern wahr. Aus meinem Wanderführer entnehme ich, dass hinter dem Altar ein Brünnlein frisches Quellwasser aus dem Gnadenbild „Unserer Lieben Frau“ fließt. So etwas habe ich bisher noch in keiner Kirche gesehen. In der Basilika wird mir wieder einmal bewusst, wie anders sich Pilgern anfühlt als „gewöhnliches“ Wandern.

Maria Brünnlein im Abendlicht

Maria Brünnlein im Abendlicht

Nach einem sehr schmackhaften Abendessen im Gasthaus Zur Wallfahrt gehe ich noch einmal nach draußen, um die sommerliche Abendatmosphäre zu genießen. Die untergehende Sonne taucht die Basilika in ein warmes, goldenes Licht. Ein stückweit den Hang hinauf habe ich eine traumhaft schöne Aussicht ins Tal. Dieser Wandertag könnte schöner nicht enden.

Sonnenuntergang mit Fernblick

Sonnenuntergang mit Fernblick

 

Zweite Etappe des Bayerisch-Schwäbischen Jakobswegs

Nach dem Frühstück fühle ich mich gestärkt für die zweite Wanderung auf dem Bayerisch-Schwäbischen Jakobsweg. Bevor ich jedoch Richtung Wemding aufbreche, möchte ich erst noch einen Moment der Stille in der Basilika einlegen. Die Morgensonne strahlt durch die hohen Fenster. Ein wundervoller Augenblick, der mich tief berührt. Nun bin ich in der richtigen Stimmung meinen Weg fortzusetzen.

Morgensonne in der Basilika

Morgensonne in der Basilika

In der Fuchsienstadt Wemding angekommen, führt mich die Wegmarkierung geradewegs in die Altstadt zum historischen Marktplatz mit dem Marienbrunnen. Weiter geht es zur Kirche St. Emmeram, vor der eine riesige, blühende Fuchsienpyramide aufgebaut ist. Im Wanderführer lese ich, dass der Wemdinger Botaniker Leonhart Fuchs dieser Blume ihren Namen gegeben hat. Daher also die Bezeichnung „Fuchsienstadt“.

Der mit Fuchsien umrahmte Marienbrunnen auf dem Marktplatz in Wemding

Der mit Fuchsien umrahmte Marienbrunnen auf dem Marktplatz in Wemding.

Abstecher zum Geotop Kalvarienberg

Kurz vor Gosheim bemerke ich einen Wegweiser zum Geotop Kalvarienberg, das sich am östlichen Rieskraterrand befindet. Neugierig wie ich bin, mache ich einen Abstecher dorthin. Informationstafeln geben Aufschluss über das geologisch spannende Areal, das zum Lebensraum für seltene Pflanzen und Tiere geworden ist. Durch das Geotop führt sogar ein Lehrpfad. Hier gefällt es mir so gut, dass ich eine ausgedehnte Mittagspause einlege.

Geotop Kalvarienberg: Blick auf die Klüfte und Stauchfalten in der Abbruchkante

Geotop Kalvarienberg: Blick auf die Klüfte und Stauchfalten in der Abbruchkante.

In Gosheim besuche ich die barocke Pfarrkirche Mariä Geburt. Erstaunlich finde ich die Tatsache, dass der Unterbau des Turms einst der ehemalige Bergfried der Burg Gosheim war. In der Kirche kann ich mir Stempel Nummer drei in meinen Pilgerpass drücken.

Blick zurück zur Pfarrkirche Mariä Geburt mit dem charakteristischen Chorturm.

Blick zurück zur Pfarrkirche Mariä Geburt mit dem charakteristischen Chorturm.

 

Das Schmetterlingsparadies Mähhorn

In der mittlerweile glühenden Sonne wandere ich auf das sogenannte Mähhorn. Eine riesige Wiese mit Magerrasen, von der aus man einen großartigen Weitblick hat. Von hier oben kann man sehr gut das landschaftliche Relief erkennen, das sich nach dem Meteoriteneinschlag gebildet hat. Durch die hohe Qualität des Magerrasens konnte sich auf dem Mähhorn eine beeindruckende Artenvielfalt entwickeln. Unter anderem hat hier der europaweit gefährdete und geschützte Thymian-Ameisenbläuling einen intakten Lebensraum gefunden. Das Mähhorn ist eines der letzten Verbreitungsgebiete dieser heimischen Bläulingsart.

Blick vom Mähhorn

Vom Mähhorn aus kann man gut erkennen, wie der Meteoriteneinschlag nachhaltig die Landschaft gestaltet hat.

An der Romantischen Straße in Harburg

Beseelt von der eindrucksvollen Fauna und Flora erreiche ich nach knapp 20 Wanderkilometern mein Etappenziel Harburg. Hier nächtige ich im Hotel Restaurant Straussen. Bei meinem Gang durch die Altstadt entdecke ich etwas sehr Reizendes: selbst gehäkelte Mandalas, die über die Straßen gespannt sind. Wie schön ist das denn! In der Kirche Herz Jesu gibt es einen weiteren Stempel für meinen Pilgerpass. Oberhalb der Altstadt thront die mittelalterliche Burg Harburg. Mir gefällt diese Stadt, die an der „Romantischen Straße“ liegt auf Anhieb. Nach dem Abendessen mache ich mich auf den Weg hinauf zur Burganlage und entdecke dabei den „Märchenweg“. Es berührt mich, wie liebevoll der Weg mit märchenhaften Themen und Wesen gestaltet ist. Krönender Tagesabschluss bildet der Sonnenuntergang, dem ich von der Burg aus zuschauen kann.

Blick von der Harburg auf die Stadt Harburg in Schwaben

Erhabener Blick von der mittelalterlichen Burganlage Harburg hinunter in die Stadt.

 

Dritte Etappe des Bayerisch-Schwäbischen Jakobswegs

Regenschauer begleiten mich am dritten Pilgertag. Es sind knapp vierzehn Kilometer nach Donauwörth, wo meine Wanderung auf dem Bayerisch-Schwäbischen Jakobsweg enden wird. Mit etwas Wehmut überquere ich auf der alten Steinbrücke die Wörnitz. Durch die vielen Regenfälle der letzten Tage führt der Fluss Hochwasser, wodurch die Uferzonen allesamt unter Wasser stehen.

Burh Harburg

Von der alten Steinbrücke aus kann ich noch einmal hoch zur Burganlage schauen und Abschied von der schönen Stadt Harburg nehmen.

Richtung Marbach führt mich die Wegmarkierung zunächst über offenes Feld und dann in den Wald hinein. Unter dem schützenden Blätterdach bekomme ich vom Regen nicht viel mit. Feiner Dunst erhebt sich vom Waldboden und zaubert eine regenwaldähnliche Stimmung. Rechts und links vom Weg wachsen wilde Erdbeeren, die himmlisch gut schmecken. Niemand sonst ist unterwegs und ich habe die Natur für mich allein. Besonders freut mich ein Streckenabschnitt, der an einem Naturwaldreservat vorbeiführt, einem Areal, das sich selbst überlassen wird. Hier kann man beobachten, wie sich ein „Urwald von Morgen“ entwickelt. Fast meditativ ist die Wanderung durch die Einsamkeit des Waldes.

Meditatives Wandern in der Einsamkeit des Regenwalds.

Meditatives Wandern in der Einsamkeit des Regenwalds.

Dann, nachdem ich das Ziegelwerk passiert habe, werde ich wieder auf freies Feld geleitet. In der Ferne kann ich bereits die Kirchturmspitzen von Donauwörth erkennen. Die letzten Kilometer absolviere ich in strömendem Regen. Auf einer Holzbrücke überquere ich zum letzten Mal die Wörnitz. Donauwörth liegt vor mir und ich habe einen schönen Blick auf das Liebfrauenmünster und die Klosterkirche Heilig Kreuz.

Schon in der Ferne kann ich die Kirchturmspitzen von Donauwörth erkennen.

Schon in der Ferne kann ich die Kirchturmspitzen von Donauwörth erkennen.

An der Klosterkirche Heilig Kreuz in Donauwörth endet meine dreitägige Pilgerschaft auf dem Bayerisch-Schwäbischen Jakobsweg. Gefüllt mit vielen neuen Eindrücken betrete ich die Kirche und gönne mir ein paar Minuten der Stille. Von jedem Weg nehme ich etwas in meinem Herzen mit. Auch dieser Weg hat einen Platz in mir gefunden und ich weiß, dass ich ihn irgendwann zu Ende gehen werde.

Donauwörth
In einer Regenpause konnte ich mir ein wenig die Stadt anschauen.
Donauwörth zeigt Farbe.
Donauwörth zeigt Farbe.

 

Die Reisebloggerin Daniela Trauthwein vom Blog https://www.wander-reporterin.de/ ist im Rahmen einer bezahlten Kooperation entlang des Jakobswegs durch die Region gepilgert. Über Oettingen, Wemding und Harburg nach Donauwörth hat sie einen Teil der Route des bayerisch-schwäbischen Jakobswegs erkundet.

Auch auf Ihrem eigenen Blog hat Sie einen Beitrag zu Ihrer Pilgerwanderung in Bayerisch-Schwabenveröffentlicht. Den Beitrag findest Du hier.

Hier stellt sich Daniela Trauthwein selbst kurz vor:

Wandern mit allen Sinnen

Daniela Trauthwein von wander-reporterin.deMein Name ist Daniela Trauthwein, ich bin 51 Jahre alt und lebe in der Südpfalz, am Rande des Pfälzerwalds. Von Beruf bin ich Medienfachwirtin und Autorin. Gewandert bin ich schon als Kind, schließlich liegt der Wald direkt vor meiner Haustür. Aber das „Wandern mit allen Sinnen“ habe ich erst vor ein paar Jahren für mich entdeckt, als ich privat und beruflich einen kompletten Neuanfang starten musste.

 

Mein Selbstvertrauen war mir abhandengekommen und ich wusste nicht so recht, wie es in meinem Leben weitergehen sollte. Aus der Not heraus nahm ich den Auftrag an, eine Wanderreportage über den Pfälzer Jakobsweg zu schreiben. Eine ganze Woche war ich unterwegs, alleine mit mir, alleine mit meinen Gedanken. Während dieser Pilgerwanderung habe ich wieder zu mir selbst gefunden. Im Einklang mit der Natur konnte ich neue Energie schöpfen, bin selbstbewusster und zufriedener geworden. Danach habe ich mit meinem Wanderblog wander-reporterin.de begonnen.

 

 

Daniela Trauthwein https://www.wander-reporterin.de/Hin und wieder hänge ich mir die Pilgermuschel an meinen Rucksack und bewandere einen der vielen deutschen Jakobswege. Bisher war ich ausschließlich im Westen Deutschlands pilgern, daher freue ich mich sehr darauf, einen Teil des Bayerisch-Schwäbischen Jakobswegs kennenzulernen. In den Sozialen Netzwerken werde ich täglich von unterwegs berichten. Nach meiner Pilgerwanderung verarbeite ich meine Erlebnisse und Eindrücke dann in einem Artikel auf meinem Blog. Auf Facebook, Instagram und Twitter könnt ihr meine Pilgerschaft mitverfolgen. Ich freue mich auf euch!

Eure WanderReporterin Daniela

 

 

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