Ein Gastbeitrag vom Maskenmuseum Diedorf:
Das Perchtenspektakel in Diedorf findet im kommenden Jahr am 2.1.2021 statt. Achtung: Interessierte können dabei auch selbst maskiert mitlaufen. Mehr Informationen dazu am Ende des Artikels. Hier zunächst eine kleine Rückschau auf das Spektakel 2020.
Auch im Jahr 2020 war das Perchtenspektakel auf der Wiese vor der Schmuttertalhalle ein Riesenerfolg. Dank der Ankündigung im Bayerischen Fernsehen ARD und in der Lokalpresse kamen wohl annähernd 300 begeisterte Besucher, um am 4. Januar 2020 um 17.00 Uhr die Geschichte um Frau Perchta, große uralte Göttin der Natur, zu hören.
Die tiergesichtigen wilden Begleiter der „Magna Mater“, gehüllt in zottige Felle, behängt mit laut dröhnenden schweren Kuhglocken riefen mit ihren Stampftänzen und Gesängen die Perchta aus den Tiefen der Wälder, Quellen und Höhlen herbei, in denen diese Göttin sich im Winter verborgen hält. Weit vor dem Christentum und schon im Neolithikum wurde diese Urmutter Natur in allen Regionen der Welt noch verehrt.
Im Anschluß an das Perchtenspektakel gab es für die sicher ein wenig durchgefrorenen Teilnehmer und Gäste kostenlos Glühwein und Kinderpunsch in der alten Dorfschmiede und im Künstlerhof beim Maskenmuseum am warmen Holzofen und mit anregenden Gesprächen auch über die Herkunft des Perchtenbrauches.
In unserem Perchtenspiel, das ja gerade auch für Kinder verständlich sein soll, bleibt für all diese Details natürlich kein Platz. Trotzdem sind diese für das richtige Verständnis der Perchtenläufe aber doch ganz wichtig:
Die Geschichte der alten Fruchtbarkeitsgöttin reicht tatsächlich sehr weit zurück und wurde unter vielfältigen Namen und von Kultur zu Kultur unterschiedlichen Details doch immer wieder ähnlich erzählt:
Für die ersten ackerbautreibenden Völker mit den matriarchal geleiteten Dorfkulturen im fruchtbaren Halbmond, im Balkan und entlang der Donau war es ja ganz selbstverständlich die Natur mit ihren freiwilligen großzügigen Gaben schöpferisch weiblich zu verehren.
Erst mit der Eroberung und Integration dieser meist mit Überfluß an Nahrung gesegneten Kulturen durch die Protoarier und Kurganvölker aus den Steppen zwischen Schwarzem und Kaspischem Meer vor 5000 bis 3000 Jahren kam durch die patriarchalischen Nomaden der Glaube an einen männerbeherrschten Götterhimmel und schließlich auch an einen männlich monotheistischen Gott auf, der die Menschen lehrte, sich „die Erde und die Natur untertan“ zu machen. Der Monotheismus brachte für alle Andersgläubigen Verfolgung und Eroberung, brachte Krieg und Ausbeutung auf der Jagd nach fremdem Besitz mit sich.
Meist wurden alte Mysterienkulte von allen drei monotheistischen Religionen, im Besonderen auch vom Christentum, zu verschiedenen Zeiten immer wieder gnadenlos verfolgt, ihre Heiligtümer in der Natur zerstört oder durch Kirchenbauten überbaut. Alte Festtage wie der Mittwintertag am 21. Dezember, der für alle früheren Kulturen mit den immer länger und wärmer werdenden Tagen die Hoffnung auf das Wiedererwachen der Natur und der Ackerfrüchte verkörperte, wurden im 4. nachchristlichen Jahrhundert und später z.B. durch den Geburtstag Christi , also das Weihnachtsfest, vom bisher gefeierten Termin Epiphanias (6.Januar) verdrängt. Die in alpenländischen Kulten heiligen Frauen, Wilbeth, Ambeth und Borbeth, wurden in die christlichen Heiligen Katharina, Margaretha und Barbara umbenannt. Deren Anfangsbuchstaben, die man alternativ über die Eingangstüren schrieb, wurde in die männlichen Heiligen (Könige, Weisen?) Kaspar, Melchior, Balthasar umgedeutet. Die Zeit zwischen den Weihnachtsterminen war jetzt eben die Zeit zwischen den Jahren, die Rauhnächte.
Hier darf nun die Göttin Perchta mit ihren tierischen Begleitern herum spuken.
Im patriarchalischen Pantheon der alten Griechen wurde die Alte Göttin in drei den Jahreszeiten zugeordnete Göttinen aufgeteilt. Mit der jugendlichen Kore für den Frühling, der Tochter der Fruchtbarkeitsgöttin Demeter (dem Sommer und Herbst) und der gealterten Kore, die unter dem neuen Namen Persephone im Winter mit Hades die Unterwelt regiert sind Vorformen der alpenländischen drei heiligen Frauen geschaffen worden..
Wie Persephone jedes Frühjahr wieder aus der Unterwelt heraufsteigt, um für Neues Werden zu sorgen, glaubten auch die Menschen früher in Befolgung des Kultes Wiedergeburt in der Natur zu erfahren.
Ebenso wie dieser Kult versprach auch der Kult um Dionysos Auferstehung in der Natur.
Die wilden zottligen Tierwesen, die Satyrn, die den Dionysos begleiteten, sind Vorbilder für die Perchtengestalten, die für den Schutz der Natur eintreten. Vom Christentum wurden sie als Teufel gedeutet. Blumenfeen und Quellnymphen sind die Vorbilder für die Schönperchten.
Da unsere großen und kleinen Gäste in der alten Dorfschmiede auch die Fellkostüme und alten historischen Holzmasken ausprobieren durften, zeigte sich beim diesjährigen Perchtenspektakel, natürlich bei einigen auch der Wunsch im nächsten Jahr 2021 selber mitlaufen zu dürfen. So bieten wir allen Interessierten an, sich nächsten November im Maskenmuseum unter 3000 Perchten- und Krampusmasken eine ideal gestaltete Holzmaske, ein passendes Fellkostüm, Glockengurt und andere Utensilien kostenlos aussuchen und anprobieren zu können, damit jeder Interessierte am 2.Januar 2021, Samstagabend um 17.00 Uhr bei unserem Spektakel mitspielen kann.