Leben wie ein Kaiser in Augsburg – auf den Spuren Kaiser Maximilians I.

von Augsburg Blogger

Da mein Mann und ich gerne Städtereisen unternehmen, beschlossen wir, uns auf die Suche nach den „alten Rittersleut“ zu machen, vor allem auf die Spuren des „letzten Ritters“ in Augsburg.

So wurde der Habsburger Kaiser Maximilian I. aufgrund seiner Vorliebe für Ritterturniere genannt. Schon bei unserer Ankunft im Dom-Hotel lesen wir die in Stein gemeißelten Worte „Hier pflegten während ihres Aufenthaltes in Augsburg der Kaiser Maximilian I. und seine Frau Bianca Maria zu wohnen“.

Na, das passt doch, fanden wir. Hier sind wir richtig. Wir beziehen unser gemütliches Zimmer mit Domblick und beschließen , gleich das nahegelegene „Fugger & Welser Erlebnismuseum“ aufzusuchen, sozusagen als Einstieg in die Geschichte der Reichsstadt, der Stadt der einflußreichsten Händler und Kaufleute zur Zeit Kaisers Maximilians I. In dem authentischen Renaissancehaus greift jedes Stockwerk ein anderes Thema auf.

Im Kellergewölbe erleben wir anschaulich die mühselige Plackerei der Bergleute, die in
Tirol Kupfer und Silber aus dem Berg klopfen. Im Erdgeschoß erleben wir die Handelswege auf großbauchigen Schiffen, die wir auf einem Screen über die Meere steuern. Auf der Hinfahrt voll beladen mit Kupfer und Silber – zurück mit Pfeffer, Muskat und anderen kostbaren Waren, müssen wir Piraten, Stürmenund Heeresungeheuern ausweichen und versuchen, den sicheren Hafen zu erreichen.

In den anderen Stockwerken geht’s um Politik , aber auch um Kunst und Kultur, und wie man in Augsburg feierte und tanzte, so wie es Maximilian einst auch gerne tat, wenn er in Augsburg war. Im Tanzsaal dürfen wir miterleben, wie ein junges Pärchen in Renaissancekleidung den
historischen Schreittanz der Augsburger Patrizier lernt. Wir verlassen dieses sehr empfehlenswerte Museum und haben jetzt Appetit bekommen.

Der Weg zurück, vorbei an unserem Hotel, führt uns zur Jesuitengasse und in die Maximilians-Klause. Wieder gibt uns eine Steintafel einen geschichtlichen Hinweis, diesmal auf einen treuen Freund und Kriegskumpan, Kunz von der Rosen, dem Maximilian einst dieses Haus zum Geschenk machte. Hinweis auf unseren „letzten Ritter“ sind auch zwei echte Ritterrüstungen im Gastraum, die er natürlich nie getragen hat. Wir fragen uns, wie man sich darin bewegen konnte, geschweige denn reiten. Der kampferprobte Ritter Maximilian beschäftigte unter seinen zahlreichen Hofplattnern und Wappnern auch Augsburger Harnischmacher.
Sachkundig gab er ihnen Tipps, wie man Rüstungen nicht nur besser sondern auch leichter machen konnte.
Das wurde natürlich gehorsamst befolgt. Lange waren Rüstungen im Maximilian-Stil die beliebtesten.

Maximilian war durchaus im Zeitgeist und kannte sich genauso gut mit Kanonen aus wie mit Rüstungen. Darum auch genannt „der letzte Ritter und der erste Kanonier“.


Nach einem zünftigen Schweinebraten und einem Gespräch mit dem Wirt, der uns etwas über die Geschichte des Hauses erzählt, brechen wir auf zur Heilig-Kreuz-Gasse, wo Maximilian selbst einmal ein Haus besaß; ganz nah beim Stadttor, damit er schnell mal zum Jagen ausreiten konnte.

Das Eckhaus, dass jetzt dort steht, stammt zwar aus dem 19. Jahrhundert., und das Stadttor ist auch nicht mehr da, aber auf dem Erker des Hauses sieht man im Relief sogar drei Ritter abgebildet. Links den „Ritter mit der eisernen Faust“, Götz von Berlichingen, dann unverkennbar Maximilian I. und rechts daneben sein Freund und Haudegen Kunz von der Rosen. Aber nur die letzten beiden hatten in der Stadt einen Wohnsitz, waren also echte Augsburger. Götz von Berlichingen dagegen wurde im ehemaligen Stadttor gegenüber als Anführer im Bauernkrieg gefangen gehalten.
Das nahe Tor, der „Einlass“ genannt, woran nur noch der Straßenname „Am alten Einlaß“ erinnert, war eigens für den Kaiser so eingerichtet, daß er und seine Jagdkumpane durch einen geheimen Mechanismus selbst mitten in der Nacht zurück in die Stadt gelangen konnten. Wir nehmen uns vor, noch den Fronhof und den Dom zu besichtigen und unsere Stadterkundung morgen fortzusetzen. Am schönen Hofgarten unterwegs zum Dom können wir nur von draußen hinein schauen, denn er ist leider in der Wintersaison geschlossen.

Aber wir haben sowieso vor, noch einmal wiederzukommen, wenn die Ausstellung über den Kaiser im Maximilian-Museum geöffnet ist, also ab 15. Juni bis 15. September 2019. „Kaiser – Ritter – Bürger zu Augsburg“ – heißt das Motto. Und davon haben wir ja heute schon einiges gesehen.

Am Fronhof, der alten Bischofsresidenz, heute Regierung von Schwaben, erinnert nur noch der Pfalzturm an Kaiser Maximilians letzten Reichstag 1518, als er sich hier in einem Turmzimmer von Albrecht Dürer malen ließ. Im selben Jahr wurde Martin Luther wegen seiner damals als dreist befundenen 95 Thesen zum Reichstag befohlen, um dem päpstlichen Gesandten Rede und Antwort zu stehen. Aber als dieser in Augsburg ankam, war der Kaiser schon abgereist. Nur eine Tafel in der Ecke des Fronhofs erinnert noch daran, daß hier 1530 Luthers Confessio Augustana, das Augsburger Bekenntnis vor Kaiser Karl V., dem Enkel und Nachfolger Maximilians, verkündet wurde. Aber das ist schon eine andere Geschichte. An der Mauer, die den Fronhof vom Domgelände trennt, stehen Relikte und Ausgrabungen aus der römischen Geschichte Augsburgs.
Maximilians Kaiserlicher Rat Konrad Peutinger, hatte eine Genealogie des Kaisers ausgearbeitete, die seine Abstammung bis auf Herkules zurückführte. Das Peutinger-Haus steht direkt gegenüber vom Dom. Kaiser Maximilian hielt große Stücke von seinem Rat: „Wenn einer etwas nicht weiß, soll er nur den Peutinger fragen, der weiß es“.

Wir gehen durch den „Hinteren Schlupf“ in den Dom hinein und betrachten die berühmten Propheten-Glasgemälde aus dem 12. Jahrhundert. Sicherlich hat auch Maximilian I. so ehrfurchtsvoll wie wir dort hinaufgesehen. Wir bewundern die Farben, die so lange Zeit ihre Kraft behalten konnten. Wir durchqueren den Dom diagonal, schauen uns die berühmten Tafelbilder von Hans Holbein dem Älteren an, die Marienkapelle und den modernen Altar. Schließlich gehen wir zum nördlichen Tor wieder hinaus und zum nahen Hotel zurück. Unseren inhaltsreichen Augsburg-Tag beschließen und genießen wir ganz entspannt in Sauna und Hotel-Schwimmbecken.

Zweiter Tag

Nach einem reichhaltigen Frühstück gut gestärkt setzen wir unsere Suche nach Spuren des letzten Ritters in Augsburg fort und gehen zum Rathaus mit seinem berühmten Goldenen Saal. Das Rathaus wurde erst 100 Jahre später nach Maximilians Tod gebaut. Der Stadtbaumeister Elias Holl hat mit seinem Stil Augsburg zu einer Renaissancestadt gemacht. Dennoch ist der Saal den alten Kaisern gewidmet, sogar von der Antike an. Auf
der einen Seite die nicht christlichen – gegenüber die christlichen Kaiser. Wobei die Sprüche oberhalb der Herrscher jeweils die Überlegenheit des Christentums zeigen sollen. So steht über dem Kaiser Aurelianus „Handle milde, wenn du siegen willst“, über Maximilian dem I. „Die Glücklichen halten die Mitte“.

Das Rathaus und der Prunksaal sollte natürlich die Reichsherren dazu verlocken, alle Reichstage in Augsburg zu veranstalten. Aber der hereinbrechende 30jährige Krieg vereitelte diesen Wunsch.
Danach gab es nur noch einen immerwährenden Reichstag, aber nicht in Augsburg, sondern in Regensburg. Über die Bayern haben sich damals schon die Augsburger geärgert. Immer wieder mußte der Kaiser begütigend oder streng anordnen, daß sie den Augsburgern nicht das Wasser abgraben, wenn diese einen neuen, notwendigen Wasserkanal vom Lech durch die Stadt leiten wollten. Noch heute profitiert die Stadt und
der Tourismus von den Kanälen, die das Stadtbild verschönern und erfrischen. Die Kanäle waren früher wichtig als Antrieb für Handwerker, als Transportweg für Lasten, sie brachten auch Fische mit sich. Durch Wassertürme wurde Trinkwasser in die Oberstadt gepumpt, und das Wasser versorgte zahlreiche Trinkbrunnen und die Prachtbrunnen der Stadt.

Nach dem Rathausbesuch geht es zum Haus eines der wichtigsten Geldgeber und Bankiers des Kaisers, Jakob Fugger, der „der Reiche“ genannt wird. Jakob Fugger und Maximilian von Habsburg sind im gleichen Jahr, im gleichen Monat, März 1459 geboren. Sie verstanden sich auf Anhieb, begegneten sich im Zeitgeschehen sozusagen auf Augenhöhe. Immer wieder half ihm Fugger aus der Patsche, wenn etwas mit Geld bereinigt werden konnte, sei es im Krieg oder ging es um Hochzeiten, oder gar um Kaiserwahlen.

In der Maximilianstraße stoßen wir auf ein Prachttor: den Eingang zur heutigen Fugger Bank mit dem Habsburger Kaiseradler in Riesengröße, ein Privileg, das zu Jakobs Zeiten nicht jeder haben durfte.
Eingerahmt vom goldenen Vlies sieht man mehrere Wappen, die bezeugen, daß die Habsburger einst fast ganz Europa regiert haben. Durch Heiraten vergrößerten sie ihr Reich, durch Kriege mußten sie es verteidigen.
Der Fuggerpalast gehört immer noch den Fuggern, obwohl sie nicht mehr darin wohnen. Ein wunderschöner Renaissancehof, der schönste von allen Höfen des Fuggerhauses, ist der Damenhof, den man durch ein etwas schlichteres Haustor erreicht. Im Sommer wird der idyllische Hof bewirtet. Man sieht, daß Jakob Fugger den italienischen Stil liebte. Er war übrigens der erste, der ihn in Augsburg einführte.

Weiter geht es die Maximilianstraße entlang. Von weitem sieht man schon das malerische Ensemble der beiden Kirchtürme der Basilika St. Ulrich und Afra sowie Evangelisch St. Ulrich. Maximilian hatte diesen schönen Anblick bei seinem letzten Besuch noch nicht, da war die Basilika noch Baustelle.
Er und seine Frau Bianca Sforza waren um 1500 bei der Einweihung des Langschiffes und bei der Grundsteinlegung des Ostchores anwesend – übrigens als sie in der Dompropstei, heute Dom-Hotel logierten! Siehe die Gedenktafel dort! Die Zwiebeltürme kamen erst viel später. Die kleinere evangelische Kirche St. Ulrich war zu Maximilians Zeiten noch eine offene Predigerhalle für die Ulrichs-Wallfahrt.

Beim Herkules-Brunnen rechts steht das Schaezler-Palais, ein Rokoko-Palast, den sich ein reicher Bankier und Silberhändler im 18. Jhdt. leistete. Heute eine sehenswerte Gemäldegalerie, die wir durchschreiten, um über den prächtigen Spiegelsaal in die Bayerische Staatsgalerie alter Meister zu gelangen. In der ehemaligen Katharinenkirche der Dominikanerinnen treffen wir auf viele Maler, die für Maximilian arbeiteten: zum Beispiel Albrecht Dürer, der auch das Porträt Jakob Fuggers gemalt hat, das hier ausgestellt ist. Zeitgenössische Maler wie Hans Burkmair, der die Kaiser-Biographien „Weiskunig“ und „Theuerdank“ mit Holzschnitten illustriert hat, oder Peutinger, dessen Kinder Porträts ihrer Eltern von Christoph Amberger malen ließen. Maximilian ließ zum großen Teil seine Bücher in Augsburg drucken. Sie waren eine Verherrlichung seiner Heldentaten und seines Lebens und wurden auf seinen Wunsch erst nach seinem Tod veröffentlicht.

Jetzt wollen wir noch zur St. Annakirche.

Zu Kaiser Maximilians Zeiten war sie noch katholisch und wurde erst sieben Jahre nach seinem Tod evangelisch. Das Museum „Die Lutherstiege“, erreichbar vom Kreuzgang, bietet einen guten Einblick in die Zeit um Maximilian I. Man sieht das Stadtbild Augsburgs, wie der Kaiser es sah, und die Verhältnisse, in denen die Bürger damals lebten. Man sieht, wie Maximilians Zeit sich verändert und öffnet, sowohl geistig wie geographisch. Die Entdeckung Amerikas und Martin Luther verändern das ganze Weltbild der Menschen.Der Kirchenraum ist eine Mischung aus Gotik, Renaissance und Barock. Eindrucksvoll ist das Renaissance-Grabmal der Fugger, zum Reichstag 1518 gerade fertig geworden. Ein kleiner Flügel der Orgel ist eine Huldigung an die Musik, die Jakob Fugger und Maximiian I liebten. Der Kaiser hatte seine eigene Hofkapelle. Auf dem großen linken Flügel ist Jakob Fugger zu erkennen. Und auf einem Gemälde von Jörg Breu sieht man wieder den Kaiser, versteckt hinter einem Kreuz, aber sein Profil ist unverkennbar! Maximilian sah diese Veränderungen kommen und regelte an seinem letzten Reichstag schon die Zukunft für seinen Enkel, Karl V., der ihm nachfolgen sollte. Dazu mussten die sieben Kurfürsten, die Wahlfürsten waren, günstig gestimmt werden. Maximilian sprach mit seinem Bankier Fuger über die erforderliche „Handsalbung“ derselben und konnte beruhigt abreisen.

Die Annastraße in nördlicher Richtung spazierend machen wir noch einen Abstecher zum Stadtmarkt und geniessen die bunte Vielfalt der Obst-, Gemüse- und Blumenstände. Wir besuchen die Viktualien- und Fleischhalle und lassen uns zu einem kleinen Imbiß anregen.
Am Ende der Annastraße, Ecke Steingasse, treffen wir ein letztes Mal auf unseren Kaiser. In Stein gemeißelt und hoch zu Roß in seiner unverzichtbaren Rüstung verkünden darunter seine letzten Worte in Augsburg: „Nun gesegne Dich Gott Du liebes Augsburg und alle frommen Bürger darinnen! Wohl haben wir manchen frohen Mut in Dir gehabt. Nun werden wir Dich nicht mehr sehen. Kaiser Maximilian 1518.“
„Der letzte Ritter“ wurde er genannt, aber auch „der erste Kanonier“.
Ritterspiele sah er als gutes sportliches Training. Statt Krieg zu führen, schlug er einen Zweikampf vor: sowohl dem französischen König, als auch einem osmanischen Sultan. Die wollten aber nicht. Einen dritten Beinamen gab ihm ein Chronist aus Burgund: „das stählerne Herz““.

Wir sind zufrieden mit unserer Spurensuche, finden wir, und ganz sicher nicht das letzte Mal in Augsburg. Spätestens zur Ausstellung kommen wir wieder, um den Kaiser – Ritter – Bürger und vielleicht den Menschen Maximilian noch besser kennenzulernen.

Gina Ulrici

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