Es gibt sie wirklich: Orte in Bayerisch-Schwaben, die so ungewöhnlich sind, dass sie fast schon surreal wirken oder eine Überlieferung schildern, bei denen du dir die Augen reibst. Erlebe Alltagsabenteuer wie aus einer anderen Welt, die dir Geschichten abseits der bekannten Touristenpfade erzählen. Wir nehmen dich mit und zeigen dir, welche kuriosen Orte dir bald zu Füßen liegen. Mach dich auf den Weg!
Eine Sau als Stadtretterin
„So G’sell, so“, ertönt es abends durch die Gassen der schönen Nördlinger Altstadt. Doch woher kommt’s? Von ganz oben! Vom 90 Meter hohen Kirchturm Daniel tönt der Ruf des Türmers herunter. Die Geschichte dazu: 1440 beobachtet eine Nördlinger Frau am Abend eine entlaufene Sau, die ihr Hinterteil am nur angelehnten Löpsinger Tor reibt, das längst hätte verschlossen sein sollen. Ihr empörter Ruf: „So, G’sell, so!“ galt den treulosen Wächtern. Diese wurden vom Oettinger Grafen bestochen, um in dieser Nacht die Stadt zu erobern. Die Frau schloss das Tor – eine Sau hatte Nördlingen gerettet.
Mehr Brücken als Venedig
Bei einem Besuch von Augsburgs Innenstadt begegnen sie einem auf Schritt und Tritt: Die Kanäle, die schon seit dem Mittelalter Wasser in und aus der Stadt befördern. Sie durchziehen die Stadt, ähnlich dem Adergeflecht des menschlichen Organismus. Die Kanalsysteme von Lech und Wertach verlaufen parallel zueinander und münden, kurz bevor sich die beiden Flüsse in der Wolfzahnau vereinen, je in den Ursprungsfluss zurück. Kaum eine Stadt in Deutschland wird von mehr Kanälen durchzogen. Augsburg besitzt wohl mehr Brücken als Venedig – um die 530 Kanal-, Bach- und Flussübergänge.
Längstes Freiluft-Café
Und das gilt heute wie in vergangenen Zeiten, als die Postroute Wien-Paris über den Marktplatz in Günzburg führte. Auf den 250 Metern bis zum Unteren Tor ist der Pulsschlag deutlich zu spüren. Der Platz verwandelt sich in das längste Straßencafé Bayerisch-Schwabens – mit einer magischen Anziehungskraft. Seit dem Jahr 1395 findet hier auch jeden Dienstag einer der ältesten Wochenmärkte der Region statt. Der Markt ist heute noch für Günzburger und viele Gäste aus Nah und Fern von großer Bedeutung. Im Sommer wird wir in der Altstadt der beliebte Kultursommer gefeiert.
Beeindruckendes Glockenspiel
Es erinnert stark an den Filmhit „Willkommen bei den Sch’tis“ – das mechanisch bespielbare Glockenspiel namens Carillon. Ein solches gibt es im Kirchturm St. Martin in Illertissen und du kannst es zwei mal am Tag lautstark hören, wenn es wie von Zauberhand startet – um 10 und um 16 Uhr. Gebaut wurde das Carillon von einer weltweit führenden Glockengießerei. Die Liste der einprogrammierten Stücke umfasst etwa Beethoven, Pachelbel oderbekannte Volkslieder und Kirchenchoräle, die je nach Jahreszeit wechseln.
Kleinstes Stadttheater
Im ehemaligen Zehentstadel in Weißenhorn befindet sich ein besonderes Kleinod: Bayerns kleinstes historisches Stadttheater. Nur 140 Sitzplätze gibt es in diesem charmanten Kleinod – und sogar kleine Balkone besitzt der schöne neoklassizistische Theaterraum. Karten für die angebotenen Aufführungen sind immer heiß begehrt – von der Kindervorstellung über die Konzertlesung bis zur Oper. Du solltest also schnell sein, wenn du dieses einmalige Gefühl verspüren willst, dass hier die Zeit stehen geblieben sei.
Größtes Besenmuseum
Wusstest du, dass es Länder gibt, in denen Besen auf Bäumen wachsen? Zu erfahren im größten Besenmuseum der Welt in Günzburg. Die Sammlung umfasst jede erdenkliche Art von Besen: Ob angespült an der Ostsee oder aus dem indischen Kloster des Dalai Lama, ob uralter Spinnwebbesen aus Schloss Nymphenburg, der sagenhafte Nimbus 2000 von Harry Potter oder ein Gnuschwanz mit Holzgriff als Statussymbol eines Massai-Häuptlings – du bewunderst hier die kleinsten, größten, ältesten, borstigsten Besen.
3-Stämme-Eck zum Hören
Das kleine Städtchen Monheim im nördlichen Bayerisch-Schwaben liegt genau an der Stammesgrenze zwischen Schwaben, Altbayern und Franken – und alle drei Dialekte sind hier zu Hause. Am besten machst du die kostenlose Audioguide-Lauschtour durch die Stadt. Dabei erfährst du, was hier früher alles los war, wie Martin Luther seine Rettung fand und wo sich die Spuren eines spektakulären Asteroideneinschlags entdecken lassen. Der lauschige Stadtrundgang samt der großen Geschichte ist einfach beeindruckend.
Radio- und Telefonmuseum
Wenn du mehr über das Radio und auch das Telefon wissen möchtest, kannst du dem Radio- und Telefonmuseum in Wertingen einen Besuch abstatten. In dem kleinen Museum findest du allerlei Informationen rund um die Empfangsgeräte und ihren Zweck, darunter rund 600 Röhrenradios, Radiodetektoren, Grammophone, Musikboxen, Tonbandgeräte, Schallplatten und vieles mehr. Auch dem Telefon und seiner Entwicklung ist ein eigener Bereich gewidmet. Über 138 tolle Exponate warten hier zudem auf dich.
Ballonmuseum und Ballon-Geburtsstätte
Hoch hinaus geht und ging es in Gersthofen: Die Stadt war immer wieder Schauplatz der Ballonfahrt in Deutschland und besitzt seit 1907 einen der wenigen Startplätze für Gasballone. Im Ballonmuseum – das einzige seiner Art in Europa – erfährst du an interaktiven Stationen die Geschichte der Ballonfahrt und bekommst im begehbaren Korb ein Gefühl für dieses besondere Fortbewegungsmittel. Echt bedeutsam: Der berühmte Olympia-Ballon von Paris 2024 wurde hier in Gersthofen hergestellt.
In Paris in Stein gemeißelt
Im weltbekannten Pariser Triumphbogen auf dem Champs-Élysées in Paris ist der Ortsname Elchingen in Stein gemeißelt! Denn in Elchingen hat Napoleon 1805 eine seiner wichtigsten Schlachten überhaupt gewonnen. Alles rund um die weltbewegende Schlacht, die prachtvolle Klosterkirche voller Symbolik und den Klostergarten samt seiner vielfätligen Raritäten mit Traumblick übers Donautal erfährst du in der kostenlosen Audioguide-Lauschtour „Klosterstille und Kanonendonner“.
Größtes Friseurmuseum
Das größte Friseurmuseum der Welt gibt es in Neu-Ulm. Rund 30.000 Objekte rund um das Haar bewunderst du in dieser kuriosen Sammlung. Die Bandbreite reicht von Kämmen und Scheren aus aller Herren Länder über das älteste Haarseifen-Rezept der Welt bis hin zu einem 100 Jahre alten Föhn, der Haarschneidemaschine von Elvis Presley oder der Barttasse von Kaiser Wilhelm II sowie ein denkmalgeschützter Salon aus Dresden. Bitte beachte: Das Museum kannst du nur auf Anfrage besichtigen.
Titelbild: F. Trykowski